Leichter Bruder
Die Zagato-Versionen des DB4 GT sind legendär. Dass sich aber schon der normale GT deutlich von seinem schwereren Serienpendant unterscheidet, zeigt eine kleine Erkundungsfahrt im Peak District, einem Hochlandgebiet im Norden Englands.
Endlich kann es losgehen. Anderthalb Millionen Pfund, und jetzt gehört
er mir. Naja, jedenfalls für diesen Morgen. In der 102-jährigen
Firmengeschichte ist der Aston Martin DB4 GT eines der begehrtesten
Modelle. Mit etwas kürzerem Radstand, ein paar PS mehr unter der langen
Haube und 85 Kilogramm weniger Gewicht unterscheidet er sich nur
geringfügig vom DB4. Die Proportionen sind so perfekt, bei der
puristischen Linienführung und dem Verzicht auf jeglichen Schnickschnack
sieht Automobildesign geradezu aus wie ein Kinderspiel.
Der Aston Martin DB4 GT ist inzwischen eine ganz besondere Ikone der
Marke, obwohl er im Renneinsatz – für den er konstruiert wurde – nicht
sonderlich glänzen konnte. Hinzu kommt, dass die 75 Exemplare mit der
von der Carrozzeria Touring entworfenen Karosserie immer im Schatten der
Zagato-Modelle geblieben sind.
Ist der Aston Martin DB4 GT mehr als ein gutaussehender Flitzer in
kleiner Stückzahl? Gründet sein derzeitiger Marktwert auf dem
überhitzten Klassikermarkt, oder ist an diesem Auto etwas dran, das den
Preis rechtfertigt? Der schrille Anlasser dreht sich wie ein
Neutronenbeschleuniger. Drei Weber-Doppelvergaser besorgen unter der
Motorhaube die Aufbereitung von Benzin und Luft. Sauberer Start also,
tief durchatmen und den Alu-Motor behutsam warm werden lassen. Für das
Armaturenbrett mit den sieben Rundinstrumenten hat man sich seinerzeit
anscheinend in einem Flugzeug-Cockpit umgeguckt. Ergänzt wird die
formvollendete Symmetrie von mehreren Zugknöpfen mit eingravierten
Buchstaben. Nicht unwesentlich bei einem GT von Aston Martin: statt auf
einem Fahrersitz befindet man sich in einem weichen, quietschenden
Ledersessel. Sehr bequem!
Radarkameras, die Durchschnittstempi zwischen zwei Fixpunkten messen,
halten mich auf Trab: die Tachometernadel zappelt so nervös, dass man
sich über ihre Präzision den Kopf zerbricht. Zudem braucht es für das
Manövrieren kräftige Schulter- und Armbewegungen, wogegen sich das dünne
Holzlenkrad ziemlich wehrt. Beim Los-lassen der Kupplung beginnt das
Wattgestänge an der Hinterachse zu knarren und zu klopfen. Wie fast
jeder Aston jener Zeit bringt auch der GT seine Kraft bei niedrigen
Geschwindigkeiten kaum auf die Straße. Das Gasgestänge erlaubt bei sehr
niedrigem Speed keine Linearität und die Doppelscheibenkupplung greift
sehr abrupt. Das fast absurd fein abgestimmte Getriebe erfordert das
Geschick eines Chirurgen. Dem Aston Martin DB4 GT mag von außen die
unbeschwerte Eleganz eines reinrassigen Rennpferds anhaften, fahrend hat
man aber alle Mühe, diesen Eindruck aufrechtzuerhalten. Langsame Kurven
verlangen etwa doppelt so viel Lenkradeinschlag wie erwartet. Mit
zunehmender Last auf der Aufhängung erhöht sich die auf der Lenkung...
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